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Horizontal und Vertikal?

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Hallo Andre,

ich versuche leider immer noch zu verstehen, was bei den horizontalen und vertikalen Noten passiert. Die Doku dazu ist leider sehr kurz. Auch bin ich "nur" jemand, der Musiktheorie selbst lernt und dem das nie beigebracht wurde.

 

Jetzt habe ich ein Experiment gemacht und dachte, dass es damit erklärt werden würde. Aber dennoch bleiben ein paar Fragezeichen.

Folgendes habe ich erstellt:

  • Chord: Gm
  • Noten:
    • Horizontal
    • Vertikal
    • Chords

 

Dann sehe ich zu dem Chord diese Information:

Ich nehme an, dass SF hier die Skalen schätzt und das beste herausfindet und anzeigt (?) Ich lasse mir das mal genauer anzeigen mit einem Werkzeug:

 

Dann gehe ich in die SF Output ansicht und markiere mir mal alle Noten, die vorher in dem Tool angezeigt werden. Das sieht eigentlich auch ganz stimmig aus. Jedoch fehlt eine Note:

Tja, nun frage ich mich, wieso da eine Note fehlt oder ob mein Gedankengang falsch ist?

Auch ist mir, trotz Anleitung, immer noch nicht so ganz klar, was die Idee hinter horizontal und vertikal ist? Ich hatte es erst so verstanden, dass horizontal eher der ganzen Skala z.b. C-Major entspricht und vertikal abweichen kann, um etwas Dissonanz reinzubringen (bei C-Major dann zb ein paar "schwarze Tasten") und sich deswegen vertikal nicht so richtig an der Skala z.b. C-Major orientieren muss. Da sagt die Anleitung ja auch, dass sich vertikal immer verändert. Aber eigentlich verändert sich horizontal ja auch bei jedem Chord.

Ja, es gibt ja auch den Eintrag Key: C-Major (woher weiss er das? Hat er das aus meiner Palette übernommen?). Aber wie spielt das rein und was hat dann vertikal noch für eine Bedeutung? Das ist leider sehr verwirrend.


So., 04.12.2022 - 15:56 Permalink

Das ist alles schon ganz richtig eingeordnet.

wieso da eine Note fehlt

Die wird einfach überprungen wenn die Stimmführung das an einem Zeitpunkt (z.B. kurz vor einem Akkordwechsel) für richtig hält.

Aber eigentlich verändert sich horizontal ja auch bei jedem Chord

Nur wenn du das willst bzw. so eingestellt hast. Das gleiche gilt auch für die Tonart. Diese beiden Angaben sind normalerweise über mehrere Akkorde hinweg unverändert, müssen aber nicht.

 

So., 04.12.2022 - 17:09 Permalink

Ich versuche mich mal an einer etwas ausführlicheren Antwort. Falls ich irgendwo Unsinn schreibe, bitte ich um Korrektur, ich lerne ja gerne noch was dazu. 

Ich fange mal von hinten an: Woher weiß Synfire, dass dein G-Moll-Akkord zu C-Dur gehört? Weil du ihn wahrscheinlich aus der C-Dur-Palette genommen hast.

Ein Gm-Akkord kann ja grundsätzlich zu verschiedenen Tonarten gehören. Der harmonische Kontext ist dann auch jeweils verschieden und der Akkord wird in Synfire dann auch unterschiedlich gehandhabt. Das ist dann das Thema mit den horizontalen und vertikalen Skalen.

Beim Gm-Akkord ist es ja so, dass er eigentlich gar nicht Bestandteil der C-Dur-Tonart ist. In Synfire enthalten aber die Paletten für die einzelnen Tonarten bereits in der Standardeinstellung mehr als nur die Akkorde der eigentlichen Tonart. Um das zu ermöglichen werden weitere, nahe verwandte Skalen herangezogen. Das nennt sich in Synfire dann Skalensatz. Bei den Dur-Tonarten werden zusätzlich zur Dur-Skala noch die Skalen Harmonisch-Dur und Melodisch-Dur verwendet. Der jeweilige Skalensatz ist links neben der Palette dargestellt (siehe Bild). Wenn du auf den Namen einer Skala klickst, werden die damit realisierbaren Akkorde in der Palette farblich markiert.

Dein Gm-Akkord ist, wie gesagt, nicht mit der C-Dur-Skala realisierbar, aber mit C-Melodisch-Dur. Wenn du Gm in der C-Dur-Palette auswählst, wird Synfire C-Melodisch-Dur als horizontale Skala zuweisen. Du siehst bereits an dieser Stelle, dass die horizontale Skala auch innerhalb einer Tonart von Akkord zu Akkord wechseln kann. Wenn du als nächsten Akkord zum Beispiel F-Dur aus der gleichen Palette nimmst, wird diesem die normale C-Dur-Skala als horizontale Skala zugewiesen werden, da der F-Akkord in der C-Dur-Skala enthalten ist.

Die jeweils (pro Akkord) aktive horizontale Skala wird in Synfire von den blauen Symbolen gespielt, wobei die Mittellinie im Editor der erste Ton der Skala ist.

Was hat es jetzt mit der vertikalen Skala auf sich? Grundsätzlich wird eine vertikale Skala von der jeweils aktiven horizontalen Skala dadurch abgeleitet, dass sie aus den gleichen Noten besteht, aber der erste Ton der Skala der Grundton des aktuellen Akkordes ist. Die C-Harmonisch-Dur Skala (horizontale Skala) und die G-Dorisch-b2 bestehen also aus den gleichen Noten, nur dass die eine bei C beginnt und die andere bei G. Für die vertikalen Symbole ist die Mittellinie im Editor also der erste Ton der vertikalen Skala, welcher identisch ist mit dem Grundton des Akkordes. 

Der Gedanke, dass die vertikalen Skalen dazu da sind, etwas Dissonanz reinzubringen ist aber auch nicht falsch. Das kommt zum einen daher, dass, je nach Einstellung im Parameter "Interpretation" und in der Grundeinstellung (Preferences >> Scale Selection), von Synfire beim Rendern temporär auch andere horizontale und davon abgeleitete vertikale Skalen ausgewählt werden können. Das ist dann zwar schwer vorhersehbar bzw. nachvollziehbar, aber man kann bei verschiedenen Einstellungen den Unterschied durchaus hören (bzw. in einem Noteneditor analysieren).

Zum anderen kann man die vertikale Skala eines Akkordes in der Palette auch manuell auswählen. Rechtsklick >> Add Vertical Scale gibt eine Auswahl an für den Akkord passenden Skalen. Wenn man eine auswählt, wird auch die zugehörige horizontale Skala zum Skalensatz der Palette hinzugefügt (was die Palette dann eventuell etwas unübersichtlich macht, aber man kann das dann ja wieder löschen).

Die Zuordnung der Symbole im Editor zu den Skalen funktioniert 1:1 nur, wenn der Parameter "Interpretation" abgeschaltet ist (Einstellung: Bypass). Wenn das eingeschaltet ist, entwickelt Synfire sein Eigenleben und die Dinge sind dann wie gesagt schwer vorhersehbar. Dann wird die Stimmführung berechnet, angeblich gibt es auch Wechselwirkungen zwischen den Instrumenten, etc. Die Darstellung im Editor kann man dann nur noch als groben Anhaltspunkt dafür verwenden, was wirklich gerendert wird. Wenn man's genau wissen will, kann man jetzt ja in der Output-Seite nachschauen. Ich persönlich will es normalerweise nicht genau wissen, sondern ich höre mir nur an, was rauskommt. Wenn's mir gefällt, ist es gut, und wenn nicht, wird an den Parameter herumgedreht. Welche Noten letztlich gespielt werden, ist mir ziemlich egal.
 

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So., 04.12.2022 - 18:57 Permalink

<Die jeweils (pro Akkord) aktive horizontale Skala wird in Synfire von den blauen Symbolen gespielt, wobei die Mittellinie im Editor der erste Ton der Skala ist.>

Wo ist das in Synfire zu finden?

So., 04.12.2022 - 19:56 Permalink

<Die jeweils (pro Akkord) aktive horizontale Skala wird in Synfire von den blauen Symbolen gespielt, wobei die Mittellinie im Editor der erste Ton der Skala ist.>

Wo ist das in Synfire zu finden?

Ok, to be more precise: I said: For blue symbols (horizontal symbols) the middle line in the editor (in the manual it is denoted as zero line) is interpreted as the first note of the horizontal scale. However, the manual says: "The zero line denotes the root of the Reference Scale of the Global Key." See (https://docs.cognitone.com/synfire/EN/parameters/Figure.html)

Actually, in my understanding the root note of the reference scale of the Global Key is the same as the root note of the current active horizontal scale most of the time. 

The reference scale is the first scale in a scale set, but all scales of a scale set (which the horizontal scales of a palette are made of) do have the same root note.

Yes, I know, it can be confusing. :)

Mo., 05.12.2022 - 00:05 Permalink

Nur wenn du das willst bzw. so eingestellt hast. Das gleiche gilt auch für die Tonart. Diese beiden Angaben sind normalerweise über mehrere Akkorde hinweg unverändert, müssen aber nicht.

Hmm, bei mir ändert sich das irgendwie immer. Und wie/wo fixiert man das? Oder muss ich das pro Akkord manual justieren?

 

Jedenfalls habe ich da nun viel zu lesen und muss das bestimmt einige male durchgehen. Danke an euch alle!

Das mit der Interpretation wollte ich danach mal durchgehen. Im Moment ist da noch viel Magie für mich dabei. Aber ich mag lieber verstehen, was da passiert. So bin ich zumindest froh, dass ich es bisher nicht ganz falsch verstanden habe.

Danke nochmal - vielleicht kommen wieder Fragen und ich komme dann wieder zurück auf den Thread.

Mo., 05.12.2022 - 10:53 Permalink

Ja, es kann kompliziert erscheinen, aber man wählt eine gewünschte Melodie-"Tonart" und spielt die gewünschten Akkorde. 
Alles geschieht automatisch unter der Motorhaube von Synfire.  
In der Tat eine komplizierte Sache, aber Ihre Erklärung @juergen macht es klarer, wie es funktioniert :)