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Hallo,
ich fände es gut wenn ein paar "aussagekräftigere" Musikbeispiele aus Klassik und Jazzbereich da wären. Die vorhandenen Beispiele enthalten oft komplexe Harmonieverläufe, so dass es schwer fällt, die musikalische Qualität unmittelbar zu beurteilen: Es klingt harmonisch im Sinne von "korrekt" harmonisiert, es "tut nicht weh", aber musikalisch reizvoll ist etwas anderes. Wie bei den meisten musikalischen Erzeugnissen, bei denen der Zufall/ planlose Herumprobieren eine Rolle spielt, kann man den "Exoteneffekt" feststellen: die Verwechslung von zufällig musiklisch komplex (=banal) und durchdacht musikalisch komplex. Und beim Komponisten besteht die Gefahr, dass er durch oftes anhören des Produzierten die objektive Beurteilungskraft verliert, da sich das an für sich wenig eingängige im Gehirn festsetzt und irgendwann als gar nicht mehr so exotisch erscheint.
Die Ummodellierung der Bruckner-Passage wäre so ein Beispiel. Ok, sollte ja vielleicht auch nur Demozwecken bzgl der Bearbeitung dienen. Aber auch die explizit als End-Erzeugnisse dargstellten Stücke sind m. E. aus o.g. Gründen keine überzeugenden Beispiele.
Warum nicht ein paar Beispiele mit aus heutiger Sicht "gefälliger" Klassik, zB. von Mozart** oder einfachen Mainstream-Jazz/Pop? Softort erfassbarer harmonischer Kontext und relativ einfach überprüfbare Qualität von den durch Synfire umgearbeiteten Phrasen (evtl. ein wenig durch den Benutzer korrigiert).
Es gibt hier ein Beispiel mit überprüfbarem (und wirklich natürlich/reizvoll klingendem) Ergebnis: das von Bach. Aber dort wird "nur" die automatische Harmoniserung demonstriert. Und obwohl automatische Harmoniserung generell sicherlich nicht trivial ist, muss man relativieren, wenn es um Bach-Stücke geht. Denn es gibt wohl kaum einen anderen Komponisten, bei dem die Harmonie so weitestgehend vollständig schon in der Melodie steckt, d.h. durch diese quasi vorgegeben wird.
Trotz der Kritik glaube ich, daß Synfire auch mir Hilfestellung oder Inspirationen bieten könnte. Und Beispiele mit überzeugenden Klangergebnissen könnten zwei Effekte haben, nämlich daß sich mehr Menschen
-überhaupt mal die Zeit nehmen, das Progamm selbst zu testen,
-dazu entschließen, das Programm trotz des hohen Preises zu kaufen.
Viele Grüße,
Henrik
**Ich persönlich höre mir lieber neuere Klassik wie von Shostakovich, Prokofiev an (was ja von vielen auch heutzutage noch als "schräg" empfunden wird)
Tue, 2011-03-01 - 17:50 Permalink
Hallo Henrik,
danke für deine Anregungen und absolut richtigen Kritikpunkte. Damit rennst du bei mir offene Türen ein. Ich stimme dem voll zu.
Der Unterschied zwischen zufällig komplex und gewollt komplex ist ein wichtiger Punkt. Wenn man mit Synfire Collagen aus Versatzstücken anderer Komponisten zusammensetzt, wird das Ergebnis immer eher zufällig. Gewollte Komplexität muss man von Anfang an als solche aufsetzen, d.h. die Motive aus gut ausgesuchten Figuren aufbauen und schrittweise weiterentwickeln. Im ersten Fall "verbiegt" man vorhandene Musik, im letzteren Fall "programmiert" man neue Musik. Ein solches Beispiel fehlt in der Tat noch.
Und beim Komponisten besteht die Gefahr, dass er durch oftes anhören des Produzierten die objektive Beurteilungskraft verliert, da sich das an für sich wenig eingängige im Gehirn festsetzt und irgendwann als gar nicht mehr so exotisch erscheint.
Absolut. Ein Vorteil von Synfire ist, dass man auf dem Weg zu einem Ergebnis nicht so unendlich viele Zwischenstufen anhören muss, was diesen Gewöhnungseffekt stark reduziert. Klingt es beim ersten mal Reinhören schon einigermaßen rund, ist es das auch für einen unvorbereiteten Hörer wahrscheinlich so.
Den Tipp mit der gefälligen Klassik nehme ich gerne an. Ich hoffe, dass ich im Zuge der Aufarbeitung der Tutorials und anderen Inhalte endlich dazu komme, neue Beispiele aufzunehmen. Dieser Punkt steht schon Jahre auf der Liste - eine Schande eigentlich.
Andre